Ein Mieter gibt die angemieteten Räume nicht vertragsgemäß an den Vermieter zurück und wird zur Mängelbeseitigung aufgefordert. Der ehemalige Mieter lehnt dies ab und beruft sich darauf, dass die Ansprüche verjährt seien. Das Oberlandesgericht Brandenburg teilt diese Auffassung, der Bundesgerichtshof nicht.
Der Fall
Der beklagte Mieter eines Bürogebäudes hat den Mietvertrag zum 30. September 2012 gekündigt. Vertraglich vereinbart haben beide Parteien, dass bei Beendigung des Vertragsverhältnisses die angemieteten Räume vollständig geräumt, gesäubert und renoviert an den Vermieter zu übergeben sind. Alternativ könne auf Verlangen des Vermieters ein angemessener Geldbetrag gezahlt werden. Außerdem habe der Mieter Einbauten, die er selbst vorgenommen hat, zurückzubauen und den ursprünglichen Zustand der Mieträume wiederherzustellen.
Im Oktober 2012 hat der Mieter die Büroräume geräumt, jedoch die installierten Einbauten nicht entfernt. Mit Schreiben vom 9. November 2012 bot der Mieter dem Vermieter an, die angemieteten Räume sofort zu übergeben und schlug einen kurzfristigen Vor-Ort-Termin vor. Dieser sollte unter anderem dazu dienen, die Übergabemodalitäten zu besprechen. Der Besichtigungstermin erfolgte am 14. Dezember 2012. Nach einer zusätzlich erfolgten gemeinsamen Besprechung am 18. Dezember 2012 teilte der Vermieter dem Mieter mit Schreiben vom 24. Januar 2013 mit, welche Arbeiten und Rückbauten noch zu erfolgen haben, und zwar mit Fristsetzung bis zum 5. Februar 2013.
Nach erfolgter Durchführung der Arbeiten hat der Mieter das Mietobjekt am 8. Februar 2013 an den Vermieter übergeben. Allerdings forderte der Vermieter zu weiteren Arbeiten auf, um bestehende Mängel zu beseitigen. Diese hat der Mieter mit Schreiben vom 13. Juni 2013 endgültig abgelehnt. Daraufhin hat der Vermieter am 8. Juli 2013 Klage eingereicht. Der Mieter beruft sich darauf, dass mögliche Ansprüche des Vermieters verjährt seien und stützt sich auf das Datum seines Schreibens an den Vermieter vom 9. November 2012. Laut § 548 Abs. 1 BGB ist eine Verjährungsfrist von sechs Monaten vorgesehen. Das Oberlandesgericht hat sich der Mieterauffassung angeschlossen. Aufgrund des Mieterschreibens vom 9. November 2012 habe sich der Vermieter im Annahmeverzug befunden. „Der Annahmeverzug […] habe den Lauf der kurzen Verjährungsfrist gemäß § 548 Abs. 1 BGB ausgelöst.” Dadurch sei die Verjährungsfrist bei Klageerhebung am 8. Juli 2013 abgelaufen. Der Vermieter ist in Revision gegangen.
Die Entscheidung
Der Bundesgerichtshof hat die Revision für begründet erklärt und ausgeführt, dass die „Schadensersatzansprüche [… des Vermieters] wegen Veränderung oder Verschlechterung der Mietsache […] nicht verjährt” sind. Die Verjährungsfrist beginne erst mit dem Zeitpunkt, zu dem der Vermieter die Mietsache zurückerhalte. Erforderlich sei, dass der Mieter den Besitz vollständig und unzweideutig aufgebe. „Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt der Rückerhalt […] grundsätzlich eine Änderung der Besitzverhältnisse zugunsten des Vermieters voraus, weil er erst durch die unmittelbare Sachherrschaft in die Lage versetzt wird, sich ungestört ein umfassendes Bild von etwaigen Veränderungen oder Verschlechterungen der Sache zu machen.” Der BGH kommt zu dem Schluss, dass die Verjährungsfrist im verhandelten Fall erst mit dem 8. Februar 2013 begann, da der Vermieter zu diesem Zeitpunkt die unmittelbare Sachherrschaft durch Rückgabe der Räume und Schlüssel zurückerhalten habe. Insofern sind seine Schadensersatzansprüche nicht verjährt.
Nach Ausführung des BGH ändere auch das Schreiben vom 9. November 2012 daran nichts, da der Mieter mit diesem Schreiben keinen „Rückerhalt der Mietsache im Sinne des § 548 BGB angeboten” habe. Es wurde die sofortige Rückgabe der angemieteten Räume angeboten; damit sei aber nach Auffassung des Bundesgerichtshofs keine vorbehaltlose, vollständige und endgültige Besitzaufgabe zugunsten des Vermieters gemeint gewesen. Auch beim Vor-Ort-Termin am 14. Dezember 2012 habe der Vermieter die Räume nicht im Sinne des § 548 Abs. 1 BGB zurückerhalten, denn bis zum 8. Februar 2013 sei der Vermieter nicht im ungestörten Besitz der Mietsache gewesen. Dieser lag noch beim beklagten Mieter.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 27. Februar 2019, XII ZR 63/18