Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte über einen WEG-Streit im Emsland zu entscheiden. Geklagt hatte eine Eigentümerin, die ihre Wohnung an Feriengäste vermieten möchte. Damit waren die anderen Bewohner des Mehrfamilienhauses nicht einverstanden und haben mit einem Mehrheitsbeschluss die Kurzzeitvermietung nachträglich untersagt. Der BGH hatte die Frage zu klären, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Kurzeitvermietung für eine Eigentumswohnanlage ausgeschlossen werden kann.
Der Fall
Es handelt sich bei der betroffenen Wohnungseigentümergemeinschaft um ein Mehrfamilienhaus mit insgesamt acht Wohnungen. Eine Eigentümerin hat ihre Wohnung an täglich oder wöchentlich wechselnde Gäste vermietet. Die Teilungserklärung hatte zugelassen, dass Wohneinheiten auch für kürzere Vermietungszeiträume zum Beispiel Touristen angeboten werden dürfen. Mit einer Dreiviertelmehrheit wurde dann im Rahmen einer Eigentümerversammlung nachträglich der Beschluss gefasst, dass eine Kurzzeitvermietung innerhalb der WEG zukünftig ausgeschlossen sein soll. Möglich wurde dies durch eine sogenannte Öffnungsklausel, mit der die Teilungserklärung geändert werden kann. Gegen diesen Beschluss hat die betroffene Eigentümerin geklagt.
Die Entscheidung
In den Vorinstanzen hat das Amtsgericht Papenburg (Urteil vom 26. Oktober 2017 – 20 C 216/17) festgestellt, dass der von der Eigentümerversammlung gefasste Beschluss nichtig sei. Nach erfolgloser Berufung der Beklagten vor dem Landgericht Aurich (Urteil vom 6. April 2018 – 4 S 201/17) gingen diese in Revision. Diese Revision vor dem Bundesgerichtshof war erfolglos. So hat der BGH am 12. April 2019 entschieden, dass der Beschluss der Eigentümer zum Verbot der Kurzzeitvermietung als rechtswidrig anzusehen sei, und zwar weil er gegen den Willen der Klägerin fiel und somit ihre Zustimmung zu diesem Beschluss fehlte. Die Zustimmung aller Wohnungseigentümer sei notwendig, weil ein Vermietungsverbot die bislang weite Zweckbestimmung der Einheiten verenge. Es „schränkt das in § 13 Abs. 1 WEG gewährleistete Recht jedes einzelnen Wohnungseigentümers, mit seinem Sondereigentum nach Belieben zu verfahren, dauerhaft in erheblicher Weise ein.“
Der BGH erläutert dazu, dass nach der bislang geltenden Gemeinschaftsordnung die kurzzeitige Vermietung an wechselnde Gäste gestattet gewesen sei. Das sei als Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter anzusehen. Zwar erlaube eine allgemeine Öffnungsklausel, solche Vereinbarungen mit einer qualifizierten Mehrheit zu ändern, dabei müssten jedoch bestimmte inhaltliche Einschränkungen beachtet werden. So zum Beispiel bei Beschlüssen, die sogenannte mehrheitsfeste Rechte der Sondereigentümer betreffen würden. Dazu gehöre die Zweckbestimmung des Eigentums. Wird die Bestimmung, wie eine Immobilie genutzt werden darf, geändert, „betrifft dies die Nutzung des Sondereigentums in substanzieller Weise. Derartige Eingriffe bedürfen jedenfalls der Zustimmung des Eigentümers der Einheit, deren Zweckbestimmung geändert werden soll“, erklärt der BGH in seiner Pressemitteilung vom 12. April.
Ein vom Bundesgerichtshof genanntes Beispiel macht die Tragweite deutlich: So würde eine Öffnungsklausel nicht dazu berechtigen, „eine als Gaststätte dienende Teileigentumseinheit ohne Zustimmung des Teileigentümers mit der Zweckbestimmung Büro zu versehen, weil die Mehrheit den Gaststättenbetrieb als störend empfindet.“
Der BGH erklärt weiter, dass die Eigentumsrechte der übrigen Wohnungseigentümer hierdurch nicht außer Acht gelassen würden. Regelungen aber, die die Zweckbestimmung aller Einheiten betreffen, bedürfen eine „allstimmige Beschlussfassung“. Diese ist gerade in großen Wohnanlagen oft schwierig zu erreichen. Wenn es aber darum geht, gegen Störungen, die mit ständig wechselnden Kurzzeitmietern einhergehen können, vorzugehen, stehen andere Möglichkeiten zur Verfügung. Keinesfalls müssen ständige Verstöße gegen die Hausordnung oder Lärmbelästigungen durch Feriengäste hingenommen werden. Darauf könne ein Unterlassungsanspruch gemäß § 15 Abs. 3 WEG begründet werden. Der BGH führt zum verhandelten Fall aus, dass solche Gründe durch die Beklagten für ein Verbot der Kurzzeitvermietung nicht angeführt worden sind. Der hier angegebene Umstand, „dass die kurzzeitigen Mieter den anderen Bewohnern unbekannt sind, stellt für sich genommen keine Störung dar.“