Abdichtungsschäden: Kein Ersatz in WEG

Eine Hamburger Wohnungseigentümerin verklagte ihre WEG auf knapp 80.000 Euro für die Anmietung einer Ersatzwohnung, Einlagerung ihrer Möbel sowie Parkettschäden für die Jahre 2009 bis 2013. Die Schäden und Aufwendungen wurden im Zusammenhang mit einer Abdichtungsmaßnahme am gemeinschaftlichen Eigentum im räumlichen Bereich ihrer Souterrainwohnung geltend gemacht. Der Bundesgerichtshof (BGH) nahm den Fall zum Anlass, um die geltenden Grundsätze noch einmal anschaulich darzustellen.

Mit Urteil vom 16. November 2018 zum gerichtlichen Aktenzeichen V ZR 171/17 wies der BGH die Revision gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 17. Mai 2017 – 318 S 89/16 (veröffentlicht u. a. in der Zeitschrift ZMR 2017, 1001) zurück. Das Landgericht hatte die Revision zugelassen, weil zum Zeitpunkt seiner Entscheidung grundsätzliche Fragen der Haftung und Zurechnung in Fällen mangelhafter Gebäudeabdichtung nicht höchstrichterlich geklärt waren. In der Zwischenzeit hatte der BGH seine frühere Rechtsprechung sodann allerdings teilweise aufgegeben und neu sortiert. Darauf verweist der BGH im vorliegenden Fall und bestätigt im Ergebnis die Klagabweisung durch die Vorinstanzen.

Der Fall
Durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung Ende 2008 erwarb die Klägerin die im Souterrain des Hauses gelegene Wohnung. Bereits zu diesem Zeitpunkt kam es in der Wohnung zu seitlich eindringender und aufsteigender Feuchtigkeit. In zwei Eigentümerversammlungen Ende 2008 und Ende 2009 wurde Sanierungsmaßnahmen beschlossen und anschließend – wenn auch nicht mit dem geschuldeten Erfolg – durchgeführt. Im Bereich der klägerischen Wohnung begann die Sanierung am 3. Mai 2010 und endete mit einer Abnahmebegehung am 28. September 2011. Bei der Abnahme wurden diverse Mängel festgestellt, darunter Feuchtestellen und andere Mängel am neu verlegten Parkett. Die Klägerin hatte vor, die ersteigerte Wohnung selbst zu beziehen. Dies geschah infolge der Feuchtigkeit nicht. Die Klägerin mietete eine Ersatzwohnung an und lagerte ihre Möbel ein. Mit ihrer gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft (rechtsfähiger Verband) gerichteten Zahlungsklage verlangt die Klägerin rund 80.000 Euro.

Die Entscheidung
Die Klage ging in allen Instanzen baden. Der BGH führt aus, dass hinsichtlich eines möglichen Schadensersatzanspruches der Falsche verklagt wurde. Die Wohnungseigentümergemeinschaft sei im Innenverhältnis zwischen den Eigentümern kein rechtlich maßgeblicher Akteur. Eine erforderliche Beschlussfassung schulden die übrigen Eigentümer, nicht der Verband; die Durchführung gefasster Beschlüsse schulde der Verwalter, nicht der Verband. Schadensersatzansprüche waren damit vom Tisch.

Sodann wendet sich der BGH dem verschuldensunabhängigen Aufopferungsanspruch gemäß § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG zu. Dieser richte sich in der Tat gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft. Allerdings lägen die Anspruchsvoraussetzungen nicht vor, da die Klägerin kein intaktes (unbeschädigtes, bewohnbares) Sondereigentum aufgeopfert habe, damit Teile des gemeinschaftlichen Eigentums (Abdichtung) instandgesetzt werden konnten. Vielmehr sei unstreitig, dass die Souterrainwohnung aufgrund der bestehenden Feuchtigkeitsmängel am gemeinschaftlichen Eigentum ohnehin unbewohnbar gewesen sei, und zwar von Beginn (der Eigentümerstellung der Klägerin) an. In einer solchen Situation sei die Durchführung der Sanierungsarbeiten nicht kausal (ursächlich) für die Unbenutzbarkeit der Wohnung. Ein Ersatzanspruch scheide daher aus.

Fazit
Feuchteschäden infolge mangelhafter Abdichtung des Mauerwerks kommen häufig vor. In der Regel lösen sie einen dringenden Instandsetzungsbedarf aus, wenn Sondereigentum unbewohnbar bzw. unbenutzbar ist. Der Verwalter muss bei einer solchen Sachlage unverzüglich dafür sorgen, dass die Eigentümer die erforderlichen Beschlüsse fassen können. Erster (zu beschließender) Schritt wird zumeist eine Bestandsaufnahme, gegebenenfalls sogleich in Verbindung mit einer Sanierungsplanung (Abdichtungskonzept) sein, damit unverzüglich im Anschluss die eigentliche Abdichtungsmaßnahme beschlossen werden kann. Wohnungseigentümer schulden einander in einer solchen Situation eine positive Mitwirkung an der Abstimmung. Sie sind grundsätzlich verpflichtet, einem Beschlussantrag mit Ja zuzustimmen. Tun sie dies schuldhaft nicht, machen sie sich schadensersatzpflichtig, und zwar gesamtschuldnerisch in Höhe des gesamten adäquat kausal verursachten Schadens.

Sind Beschlüsse gefasst, ist der Verwalter gesetzlich (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG) verpflichtet, die Beschlüsse unverzüglich durchzuführen. Versäumt er dies schuldhaft, droht ihm sowohl eine Durchführungsklage, die jeder einzelne Wohnungseigentümer individuell erheben kann und darf, als auch eine Schadensersatzhaftung. Zudem kommt eine fristlose Abberufung und Kündigung in Betracht, wenn der Verwalter sich von einer Gruppe „Sanierungsmuffeln” ausnutzen lässt, um die dringend erforderlichen Maßnahmen zu blockieren.

Teilweise händigen Eigentümer betroffener (unbewohnbarer) Wohnungen dem Verwalter die Schlüssel aus, damit ungehinderter Zutritt zur Wohnung gewährleistet ist. Hier sollten Verwalter darauf achten und klarstellen, dass die Schlüsselübernahme nicht gleichzusetzen ist mit einem Beginn der Instandsetzungsarbeiten. Vielmehr kann es im Einzelfall so sein, dass zunächst nur Untersuchungen ermöglicht werden sollen, damit die Eigentümer in einer späteren Versammlung die ggf. weiteren notwendigen Schritte diskutieren und beschließen können. Der Verwalter sollte also deutlich machen, dass die Entgegennahme des Schlüssels keineswegs als Nutzungsverbot für den Sondereigentümer verstanden werden darf. Im Regelfall beginnt der Anwendungsbereich von § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG erst mit dem Beginn der eigentlichen Instandsetzungsarbeiten. Zwar kann auch eine Voruntersuchung oder Planung der Maßnahme als Instandsetzung qualifiziert werden. Diese benötigt aber allenfalls einige Stunden Zutritt zur Wohnung. Die Wohnung muss zu diesem Zweck nicht unbewohnt sein. Ersatzansprüche für eine Verzögerung vor Beginn der eigentlichen Instandsetzung setzen Verschulden voraus, können also grundsätzlich nur auf § 280 BGB gestützt werden.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 16. November 2018, V ZR 171/17