Der Inhalt von Eigentümerbeschlüssen muss präzise sein. Denn Beschlüsse sind für alle aktuellen und künftigen Eigentümer und Verwalter Grundlage der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Es genügt deshalb nicht, dass der Verwalter und die Eigentümer, die in der Eigentümerversammlung persönlich dabei waren, später wissen oder anhand der Versammlungsniederschrift rekonstruieren können, was beschlossen wurde. Maßstab ist vielmehr ein objektiver Leser, der nicht zugegen war, also insbesondere auch ein späterer Verwalter sowie künftige Eigentümer (Sondernachfolger). Ist ein Beschluss unbestimmt, droht ihm bei Anfechtung die Ungültigerklärung, im schlimmsten Fall sogar die Beschlussnichtigkeit wegen absoluter Undurchführbarkeit. Da Beschlüsse bzw. Beschlussanträge zumeist vom Verwalter formuliert werden, muss er Obacht geben.
Mit Urteil vom 25. Februar 2021 zum gerichtlichen Aktenzeichen 2-13 S 146/19 fällte das Landgericht Frankfurt am Main in der Berufungsinstanz ein Urteil, das sich nahtlos in die Reihe gerichtlicher Entscheidungen mit Kernaussagen zur Beschlussbestimmtheit einfügt. Verwalter müssen diese Kernaussagen beherrschen.
Der Fall
Der Sachverhalt ist schnell erzählt: In der Eigentümerversammlung vom 26.6.2017 fassten die Wohnungseigentümer mehrere Beschlüsse, u. a. unter TOP 17.1 die Beauftragung einer Kanalsanierung und unter TOP 19.1 die Beauftragung für den Austausch der Sektionaltore. In der Versammlungsniederschrift heißt es, dass die „vorliegenden Angebote“ und das „Angebot der Firma …“ beauftragt werden. Weitergehende Angaben fehlen. Eine Wohnungseigentümerin erhob Anfechtungsklage beim Amtsgericht Wiesbaden und beanstandete u. a. die inhaltliche Unbestimmtheit der Beschlüsse. Es fehlten ihrer Ansicht nach die erforderlichen Mindestangaben. Es bleibe völlig offen, welche Maßnahmen konkret vorgenommen werden sollen. Der Verwalter habe zu weitreichende Spielräume und die Angebote in der Versammlung zudem nicht erläutert. Das Amtsgericht hat die Beschlüsse zu den TOP 17.1 und 19.1 für ungültig erklärt. Hiergegen gingen die Beklagten in die Berufung.
Die Entscheidung
Das Landgericht Frankfurt/Main wies die Berufung zurück. Das Amtsgericht habe die Beschlüsse zurecht als unbestimmt bewertet. Zwar sei es an sich erlaubt, wenn ein Beschluss ein Dokument in Bezug nehme. Ausgangspunkt sei insoweit eine Grundsatzentscheidung des BGH mit folgendem Leitsatz: „Nimmt ein Beschluss auf ein Dokument Bezug, das weder Teil des Beschlusstextes noch des Protokolls ist, erfordert das Gebot der inhaltlichen Klarheit und Bestimmtheit, dass das in Bezug genommene Dokument zweifelsfrei bestimmt ist.“ (Hinweis auf BGH, 8.4.20216 – V ZR 104/15). Dies sei hier jedoch nicht der Fall. Die Bezeichnungen „vorliegendes Angebot“ und „Angebot der Firma …“ ermöglichten keine zweifelsfreie Bestimmung der Angebote. Hierfür hätte es einer Angebotsnummer, des Datums des Angebots, o. ä. bedurft. Ob die Angebote der Klägerin persönlich bekannt waren, könne dahinstehen. Denn Eigentümerbeschlüsse seien wie Grundbucherklärungen objektiv-normativ auszulegen. Entscheidend sei daher der objektive Gehalt des Beschlusses und nicht die individuelle Vorstellung der am Beschluss beteiligten Wohnungseigentümer.
Fazit für Wohnungseigentümer oder Verwaltungsbeiräte
Reichen Wohnungseigentümer Beschlussgegenstände (Tagesordnungspunkte) beim Verwalter ein, beispielsweise über die Gestattung einer von ihnen gewollten baulichen Veränderung, gelten die Grundsätze entsprechend. Es sind also auch hier die Mindestangaben erforderlich, damit ein objektiver Leser auch Jahre später erkennen kann, was Gegenstand des Beschlusses war. Eigentümer, die Versammlungsniederschriften im Entwurf zur Durchsicht und Freigabe erhalten, sollten darauf achten, dass Beschlüsse zutreffend wiedergegeben sind. Unzulässig ist es, Eckdaten bzw. Mindestangaben, die bei der tatsächlichen Beschlussfassung in der Versammlung nicht berücksichtigt wurden, später über das Protokoll „gerade zu biegen“. Daher sollte der Versammlungsleiter bereits in der Versammlung rechtzeitig darauf aufmerksam gemacht werden, die notwendigen Mindestangaben in den Beschlussantrag aufzunehmen.
Das Landgericht Frankfurt/Main musste nicht Stellung dazu beziehen, ob ein Verwalter Angebote erläutern muss. Grundsätzlich wird dies nur in engen Grenzen zu bejahen sein. Wünschen Gemeinschaften eine fachkundige Erläuterung oder Empfehlung, muss beschlossen werden, einen Fachplaner hinzuzuziehen, z. B. Architekt, Ingenieur, Energieberater oder Fördermittelberater.
Ein Anfechtungskläger muss die Unbestimmtheit des Beschlusses rügen, und zwar innerhalb der Klagebegründungsfrist. Das Gericht berücksichtigt sie also nicht von Amts wegen.
Fazit für die Gemeinschaft
Im Außenverhältnis werden Sanierungsaufträge im Namen und auf Kosten der Gemeinschaft vergeben. Die Willensbildung im Innenverhältnis erfolgt durch Beschluss. Damit Beschlüsse auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage gefasst werden, fordert die Rechtsprechung grundsätzlich Vergleichsangebote. Wird diese Richtschnur beachtet, folgt daraus notgedrungen, im Beschluss festzulegen, welches Angebot beschlossen wird. Versendet der Verwalter Angebote mit der Einladung, kann es sich im Sinne der Bestimmtheit anbieten, dies im Beschlussantrag zu erwähnen. In zahlreichen Beschlussmustern ist die Angabe vorgesehen, dass ein Angebot mit der Einladung versandt wurde, bei der Abstimmung in der Eigentümerversammlung auslag und als Anlage zur Versammlungsniederschrift genommen wurde. Falls gewünscht und technisch möglich, sollten die beschlossenen Angebote auch zur Beschluss-Sammlung genommen werden, gerade dann, wenn digital gearbeitet wird.