Technisch sind wir bereits heute in der Lage Eigentümerversammlungen virtuell via Internet abzuhalten. Die technischen Lösungen dafür stehen parat – gäbe es nicht noch rechtliche Hürden.
Im Alltag des Immobilienverwalters gestaltet sich die Terminierung von WEG-Versammlungen zunehmend schwierig: Wohnungseigentümer sind oft quer durch Deutschland oder sogar über die ganze Welt verstreut. Und auch wer vor Ort lebt, hat einen vollen Terminkalender. Versuche, dieser Problematik mit möglichst langen Ladefristen entgegenzuwirken, schlagen häufig fehl. Wir geben die Termine bereits ein Jahr im Voraus bekannt. Dennoch finden Eigentümerversammlungen oft vor leeren Reihen statt. Gerade in Zeiten des Versammlungsverbotes wegen der hohen Ansteckungsgefahr mit Corona, würde die Online-Wohnungseigentümerversammlung viele Probleme lösen.
Was läge im Zeitalter der Digitalisierung näher, als Eigentümer stattdessen zur online-Konferenz zu laden? Das würde Zeit und Geld sparen. Doch das Wohnungseigentumsgesetz sieht virtuelle Versammlungen nicht vor. Das Gesetz von 1951 spricht von „erschienenen stimmberechtigten Eigentümern“, was gemeinhin als „körperlich anwesend“ übersetzt wird. Auch Telefonkonferenzen hat der Gesetzgeber bisher abgelehnt. 2020 gibt es jedoch neue technische Möglichkeiten: moderne Web-Meetings, in denen digitale Dokumente gezeigt und bearbeitet sowie in Echtzeit miteinander diskutiert werden können.
Dazu muss der Verwalter eine Einladung mit entsprechenden Zugangslinks an die Teilnehmer schicken. Alle Eigentümer können aktiv an Diskussionen und Unterhaltungen teilnehmen. Mithilfe von Abstimmungstools sind geheime oder öffentliche Abstimmungen möglich. Notizen oder Anregungen können – wie bei einem realen Workshop – direkt an einem virtuellen Whiteboard oder an Pinnwänden wie mit Post-its festgehalten werden.
Das WEG steht den Wünschen vieler Kunden entgegen
Die Branche hofft auf eine Gesetzesänderung, die in dem aktuellen Entwurf der WEG-Novelle vorgesehen ist. Bis dahin gibt es eine Zwischenlösung. Der Verwalter kann zu einer Versammlung laden und alle Eigentümer bitten, statt persönlich anwesend zu sein, Vollmacht zu erteilen. Der Verwalter sitzt am Tag der Versammlung allein in seinem Büro vor dem Computer und startet die „Geisterversammlung“ online. Die einzelnen Tagesordnungspunkte werden wie bisher auch diskutiert – jedoch nicht persönlich von Angesicht zu Angesicht, sondern online. Bei der Abstimmung verwendet der Verwalter die Vollmachten. Sofern kein Eigentümer auf die Anwesenheit besteht, wären die Beschlüsse noch nicht einmal anfechtbar. Das Anfechtungsrisiko ist jedoch hoch, sodass diese Art der Durchführung nicht in allen WEG ratsam ist.
Bei unserem Test, konnten wir jedoch feststellen, dass alle Eigentümer froh waren, dass die Versammlung schnell und effizient abgehalten wurde – übrigens ohne eine Anfechtung, und sogar mit deutlicher Bereitschaft, sich für unproblematische Versammlungen zukünftig wieder online zu treffen.