Vergleichsmiete nicht immer Höchstmiete

Eine Vermieterin begehrt unter Darlegung von drei Vergleichswohnungen eine Mieterhöhung. Die Mieterin stimmt der geforderten Erhöhung der Nettomiete jedoch nur zum Teil zu. Wird im Rechtsstreit hierzu ein gerichtlich bestelltes Sachverständigengutachten herangezogen, das eine große Spanne der Miethöhe vergleichbarer Wohnungen feststellt, so kann man sich nicht auf die höchste ermittelte Miete als ortsübliche Vergleichsmiete berufen.

Der Fall
Die Beklagte ist Mieterin einer 54 Quadratmeter großen Wohnung. Sie erhält von der Hausverwaltung mit Schreiben vom 30. Oktober 2014 eine Mieterhöhung mit der Bitte um Zustimmung. Unter Angabe von drei Vergleichswohnungen soll die Nettomiete von 310,50 Euro auf 352,08 Euro angehoben werden. Die Mieterin stimmt mit Schreiben vom 22. Dezember 2014 jedoch lediglich einer Erhöhung um 13,50 Euro auf 324,00 Euro zu. Das entspricht einem Quadratmeterpreis von 6,00 Euro. Durch Klage beim Amtsgericht fordert die Klägerin Zustimmung zur Mieterhöhung auf die im Schreiben vom 30. Oktober 2014 angekündigte Höhe von insgesamt 352,08 Euro.

Das zuständige Amtsgericht hat zur Klärung ein Sachverständigengutachten mit zwei Ergänzungsgutachten beauftragt, das bei 16 vergleichbaren Wohnungen eine Mietpreisspanne von 4,58 Euro bis 7,08 Euro je Quadratmeter ermittelt. Auf dieser Grundlage wurde die ortsübliche Vergleichsmiete mit einem Punktwert von 5,80 Euro pro Quadratmeter festgestellt. Das Amtsgericht hat das erweiterte Zustimmungsbegehren der Klägerin abgewiesen. Die Klägerin ging in Berufung und verfolgt ihr Zustimmungsbegehren weiter.

Auch das Landgericht hat das erweiterte Zustimmungsverlangen der Klägerin abgewiesen und führt zur Begründung aus, dass das Amtsgericht die ortsübliche Vergleichsmiete zu Recht auf 5,80 Euro je Quadratmeter geschätzt habe. Das Ergebnis des Gutachtens kann dahingehend gedeutet werden, dass das arithmetische Mittel der zugrunde gelegten Vergleichswohnungen die ortsübliche Vergleichsmiete ergibt. Durch die Klägerin wird jedoch die Auffassung vertreten, dass eine Erhöhung auf 6,52 Euro zustimmungspflichtig sei, da dieser Wert durch die Spanne des Gutachtens gerechtfertigt werden könne. So spiegelt ihres Erachtens auch der oberste Wert der vorgenannten Spanne die ortsübliche Vergleichsmiete wider.

Die Entscheidung
Kommt ein Sachverständiger durch die Betrachtung von Vergleichswohnungen zu einer großen Spanne der festgesetzten Mieten, kann nicht automatisch der obere Rand als ortsübliche Vergleichsmiete angesehen werden. Zunächst müssen die qualitativen Unterschiede der herangezogenen Wohnungen zu der zu bewertenden Wohnung herausgearbeitet werden, um eine generelle Vergleichbarkeit herzustellen – beispielsweise durch Zu- und Abschläge oder ein Punkt Bewertungssystem. Ergibt sich auch danach weiterhin ein großer Unterschied der Miethöhe, so dürfe die ortsübliche Einzelvergleichsmiete jedoch nicht mit dem oberen Wert der Streubreite gleichgesetzt werden. Hier liegt es im Ermessen des Richters, die vom Vermieter zu beanspruchende Vergleichsmiete innerhalb eines Rahmens festzusetzen. Dabei sind verschiedene Ansätze möglich, die dem Richter nicht abschließend vorgegeben werden können. Kommt es jedoch bei einer gutachterlich ermittelten ortsüblichen Vergleichsmiete nicht zu einem punktgenauen Wert, sondern zu einer relativ kleinen Spanne, so kann bei einer geringen Abweichung eine Mieterhöhung am oberen Rand erfolgen.

Der Bundesgerichtshof hält die Auffassung der Vermieterin für unbegründet und teilt insoweit die Feststellung der Vorinstanzen. Würde man der Auffassung der Klägerin folgen, würde dies eine Spitzenmiete darstellen und nicht die ortsübliche Vergleichsmiete. Die Beurteilung des Landgerichts hält jedoch einer rechtlichen Prüfung nicht in allen Punkten stand, da im Sachverständigengutachten Mängel bestehen. Daher wird der Sachverhalt an das Berufungsgericht (Landgericht) zurückverwiesen, um diese durch ein neues oder ergänzendes Gutachten zu beseitigen und darauf aufbauend „tragfähigere Feststellungen sowohl zur Spanne der ortsüblichen Vergleichsmiete als auch zur Einzelvergleichsmiete“ zu treffen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.04.2019, VIII ZR 82/18